Osaka, 7. – 11. August
Etwas wehmütig mache ich mich dann in einer bequemen stündigen Bahnfahrt zum japanischen Schnäppchenpreis von USD 4 auf nach Osaka, wo mich nach der Schlechtwetterperiode zwar Sonnenschein erwartet, aber leider auch extrem heisses und schwüles Wetter mit Tagestemperaturen bis zu 38 Grad. Gottlob gibt es hier fast keine Sehenswürdigkeiten als “Urban Street Life“, und so schaue ich mir halt die tausenden von herausgeputzten Teenies an, die in gekühlten Shopping Arkaden sich selbst bewundern und dank ihrem zum Teil unvorteilhaften Körperbau nicht grad elegant auf ihren hohen Schuhen daherwackeln... Kurz bevor ich wegen der Hitze ins Schwanken gerate, lasse ich mich in einem der vielen Kaffees oder Stores wieder runterkühlen, bevor die Show am Dotonburi weitergeht.
So freue ich mich denn am Samstag auf einen unterhaltsamen Abend in Osaka. Doch leider kommt alles anders: Abends um 9 muss ich bei immernoch brutalen 35 Grad schlicht die Segel streichen, weil das für mich einfach zuviel ist. So was haben wir in Manila höchstens am Tag während der heissesten 2 Monate des Jahres ! So kehre ich nach ein paar netten Tapas wieder in mein gekühltes Hotel zurück und mache wenigstens noch was sinnvolles und schreibe diesen Bericht hier.
Kobe, 11. – 15. August
Die nächste einstündige Fahrt führt mich ausschliesslich durch Grossstadtdschungel nach Kobe, das berühmt ist wegen seines verherenden Erdbebens von 1995 aber auch wegen des Kobe Beef. Da ich ersterens nicht erleben möchte versuche ich es mal mit Zweiterem. Doch auch hier wieder das Gleiche: Brutal heisse schwüle Temperaturen, die mir ein längeres Aufenthalten draussen nicht ermöglicht. Glücklicherweise sind die wichtigsten Strassen Fusgängerpassagen, die wie in Osaka überdacht sind und gekühlt werden. So geniesse ich halt den tollen Meerblick von meinem Hotelzimmer aus und wandle in diesen Passagen. Ah ja und das Kobe Beef: natürlich musste ich es einmal probieren ! Doch die Enttäuschung folgt auf dem Fuss ! Das Fleisch ist tatsächlich sehr gut und schmackhaft, der Preis jedoch ist absolut unangemessen ! So muss man für das teurste Stück Fleisch für lumpige 60 Gramm volle 150 US Dollar auf den Tisch legen ! Die spinnen die Japaner ! So ist mein Fleisch natürlich um einige Kategorien günstiger und ich leiste mir sogar die Höllenportion für 120 g ! Wehmütig denke ich an mein argentinisches Restaurant zurück, wo das Stück Fleisch für den Mann satte 600 Gramm schwer war.... So gibt es halt wiederum eine Bonsaiportion und nach dem “Mahl“ fühle ich mich so hungrig als wie zuvor, lediglich um einiges an Geld erleichtert....
Nur schwer kann ich von meinem schönen Hotelzimmer mit Meerblick und einstmals florierendem Hafen (seit dem Erdbeben liegen grosse Teile des Hafens brach) Abschied nehmen und mich auf den Weg zum Bahnhof zu machen.
Hiroshima, 15. – 20. August
Die zweite Fahrt mit dem Shinkansen steht heute auf dem Programm. Nicht ganz so teuer wie Kobe Beef, aber für eine 75 minütige Fahrt 100 Dollar zu verlangen ist immer noch happig. Auch wenn das Erlebnis wiederum grossartig ist, sind diese 100 Dollar bald verbraten und ich lande, pardon, komme im Bahnhof dieses so leidiglich berühmten Hiroshima an.
Alles geht wieder wie am Schnürchen und so lande ich schon nach gefühlten 5 Minuten nach meiner Ankunft in meinem Zimmer im 18. Stock mit Sicht auf grosse Teile dieser Stadt. So mache ich mich gleich auf, um das berühmteste Gebäude von Hiroshima und eines der berühmtesten in ganz Japan zu sehen, nämlich die Ruine der Kuppel eines der wenigen Gebäude, die beim Atombombenabwurf stehen geblieben ist. Etwas mulmig ist mir schon, als ich um diese Ruine gehe und den grösstenteils schweigenden Touristen zuschaue. Es dünkt mich, jeder ist auf seine Weise von diesem Anblick ergriffen ! Wenn man dann noch ein Foto sieht, wie es damals ausgesehen hat, dann wirkt das ganze noch surrealer.
So langsam kriege ich jetzt auch den Japan Koller, denn immer das gleiche Frühstück (auch wenn im Bett) stinkt mir langsam, ebenso wie diese Perfektion jedes Einzelnen dieser Gesellschaft mit diesen unzähligen Regeln, die es zu befolgen gilt, ist für mich eher belastend, ebenso wie die jetzt für mich fast sektenhaft wirkende immer gleiche Freundlichkeit und der Gesprächston, der bei keinem nur irgendwann eine bestimmte Pegelzahl überschreitet. So hört man keinen klagen, niemanden laut lachen, niemanden hupen oder kein Kind schreien. Alles bewegt sich ständig in einem sehr eng definierten Band. In diesen ohne Ausnahme ziemlich charakter- und gesichtlosen Städte kommen mir die Leute vor wie Teilnehmer eines 130 Millionen umfassenden Symphonieorchesters, das zusammen auf der höchsten Stufe der Perfektion auf der Weltbühne steht und von jedem Mitglied totale Unterwerfung und Hingabe erwartet. So ist es für mich auch nur zu verständlich, dass dabei die individuelle Kreativität ziemlich auf der Strecke bleibt. Wir Schweizer sind ja auch Perfektionisten (jedoch spielen wir im Vergleich zu den Japanern nur in einer Amateurliga), jedoch dünkt mich die individuelle Freiheit, sich zu bewegen, auszudrücken und zu entfalten, um ein Vielfaches höher als hier in Japan !
Nochmals steht ein Theater auf dem Programm, denn ich besuche Kagura, ein historisches Tanztheater, das typisch ist für diese Region hier um Hiroshima. Auch wenn die Musik unseren Ohren durchaus zugänglich ist, ist das ganze wiederum stark stilisiert und ritualisert mit genau zu befolgenden Abläufen..und das seit Jahrhunderten....
Fukuoka, 20. – 25. August
Schon etwas wehmütig besteige ich zum dritten Mal den Shinkansen und mache mich auf zu meiner letzten Etappe nach Fukuoka. Schon als ich aus dem Zug trete schlägt mir hier eine unglaubliche Hitze und Feuchtigkeit entgegen ! Es ist für mich fast unmöglich, draussen zu sein. So finde ich dann irgendwie durch viele unterirdische Passagen mein Hotel. Gemäss Internet ist es hier satte 5 Grad heisser als im ohnehin schon heissen Hiroshima ! Grauenhaft ! So bleibe ich erstmals im kühlen Hotelzimmer, bevor ich mich am Abend langsam schreitend auf einen ersten Rundgang machen kann. Glücklicherweise weht immer ein Lüftchen, so dass ich bald auch die schön am Meer gelegene Stadt mit den vielen Flüssen (ähnlich wie Hiroshima) besichtigen kann und hier (ebenfalls wegen fehlenden Sehenswürdigkeiten) ausgiebig auf Shopping Tour gehen und alles das kaufen kann, was es in den Philippinen schlicht nicht gibt (wie Bergschuhe für den bevorstehenden Nepal Trekking, anständige Halbschuhe oder die neuste Kompaktkamera).
Nachdem auch nun die Schönwetterperiode vorbei ist und der Regen einsetzt, bin ich ja gut gewappnet für Manila, die nach dem letzten Typhoon immer noch teilweise unter Wasser steht. So fliege ich nach 6 Wochen im strömenden Regen aus Japan ab und wieder für 3 Wochen nach Hause in den Philippinen.
Fazit
So ich weiss nun, dass sich die lustigste Subway Station Okachimachi (sprich Okatschimatschi) nennt, die unaussprechlichste Maidabashi-Kyudaibyonmae, die Mall mit dem lustigsten Namen sich eeny meeny miny mo ruft und das man Milch als gjünü ausspricht. Wie ich aber oben schon gesagt habe, dünkt mich sonst sehr viel überdurchschnittlich geregelt und organisiert, auch stilisiert und ritualisert, teilweise fast schon automatisiert und mechanisch, und das, was man sonst in westlichen Gesellschaften als natürliches kreatives Verhalten bezeichnet, hier auf der Strecke bleibt. Trotzdem sind die Leute wirklich überall sehr nett und relaxt, die Kinder wohlerzogen und alles funktioniert auf einem ausserordentlich hohen Perfektionsgrad, wo selbst die Schweiz sich klar geschlagen geben muss. Welcher Schweizer wäre auch bereit, im Supermarkt für einen einzigen Pfirsich 10 Franken, einen einzigen Apfel 6 Franken, einen Bund Trauben 40 Franken oder 4 kleine Rindsfilets 120 Franken zu bezahlen ?? Wenn man dann noch bedenkt, dass Japan vor nicht mal 70 Jahren absolut platt war, dann zieht man erst recht den Hut vor solch einer gesellschaftlichen Leistung, erst recht, wenn man das mit dem Rest von Asien (ausser Singapore) vergleicht......
historisches Japan
(alte Geisha und Samurai Viertel)
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Urban Japan
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kulinarisches Japan
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die günstigsten Krebse: 60 Franken das Stück... |