Tokyo, 14. – 21. Juli
Lange habe ich den Besuch dieses Landes aus diversen Gründen auf die lange Bank geschoben und nun ist es endlich soweit: Nach unendlichen Ineffizienzen nur schon von meinem Appartment bis in den Flieger (das war dann das letzte Mal für die nächsten 6 Wochen) geht die Reise los. Spät abends erreiche ich Tokyo. Dank meiner elektronischen Planung und google street view erreiche ich natürlich im Nu und wie erwartet super effizient mein Hotel in der Innenstadt von Tokyo. In Tokyo ein Hotelzimmer über 15 m2 zu finden ist gemäss meiner Recherche schierer Luxus (egal mit wievielen Sternen das Hotel versehen ist), aber ich habe riesiges Glück und so fühle ich mich in den 17.5 m2 (gefühlten 7.5) meiner Unterkunft wie Gott (aber nur in Japan). In den nächsten Tagen mache ich mich vor allem zu Fuss auf Entdeckungsreise in dieser modernen Stadt. Viele verschiedene Quartiere wetteifern um die Gunst der Kunden und so gibt es dedizierte Quartiere für die Manga Fans, für die Barbie Ausstaffierungen, für IT, die Girls, den Konsum, Entertainment usw.... Alles ist neu, alles ist schick, alles ist sauber, alles geht wie am Schnürchen, vieles ist künstlich – das ist für mich zusammengefasst Tokyo. Auf was ich aber in allen anderen Städten grossen Wert lege, nämlich den Besuch historischer Stätten (neben dem Essen natürlich), so fehlen diese hier vollständig. Die paar Schreine sind Rekonstruktionen aus dem 20. Jahrhundert (sogar die Japaner selber fragen sich beim Besuch was sie denn machen müssen) und der Rest ist in unzähligen Museen zu finden. So gehört denn der Besuch des Kabuki Theaters (in einem frisch renovierten Gebäude) zum einzigen kulturellen Höhepunkt. Der Rest ist einfach so, als sei alles grad gestern von Captain Future mit einer unterdotierten Kreativabteilung aus der Retorte erstellt worden. Trotzdem versuche ich, soviel als möglich zu sehen und zu erleben in dieser Stadt, die wirklich so ganz anders ist alles alles, was ich schon gesehen habe.
Fuji, 21. -25. Juli
So geht es nach fast einer Woche per Zug (oh was für ein schönes Gefühl für mich als Bähnlerssohn, in einem anständigen Zug zu fahren !) weiter an den Fuss des so berühmten Mount Fuji. Der Berg, sprich der Vulkan, ist wirklich eindrücklich: Der Gipfel erhebt sich majestätisch und absolut gleichmässig von allen Seiten 3000 Meter vom Boden in den Himmel ! Natürlich will ich auch in den Himmel und so marschiere ich nach einer Busfahrt frühmorgens los und begegne hunderten von vielfach total erschöpften Japanern natürlich in modernster Kleidung, die sich häufig nur noch knapp an die Busstation schleppen können, denn der übliche Aufstieg endet nach einer Nacht in einem der vielen Hütten unterwegs mit dem Anschauen des Sonnenaufgangs auf dem Gipfel. So sind mit mir gottlob einiges weniger an Leuten unterwegs und der Auf- und Abstieg sind getrennte Wege. Ist es anfangs noch sonnig, weht am Gipfel ein kalter Wind und es ist neblig ! Immerhin ist das noch akzeptabel. Beim Abstieg ( das eigentlich ein Runterrennen durch Vulkanschutt ist) erwarten mich dann auf den letzten 10 Minuten Regen und als ich wieder im Bus bin schüttet es so richtig !
Als Belohnung für den gelungenen Tag gehe ich dann erstmals richtig Japanisch essen, das heisst: Beim Eingang Schuhe ausziehen und dann wird man zu seinem Kämmerchen geführt. Mühsam muss ich mich mit meinen langen müden Beinen in den Tisch einfädeln und bedient wird auf Augenhöhe, das heisst, die Serviererin muss sich immer auf den Boden setzen, selbst wenn sie mit einem spricht. Das Essen ist natürlich super frisch und super lecker, aber was bleibt ? Ich bleibe nach dem Essen sitzen mit leerem Magen und leerem Portemonnaie und so gehe in zurück in mein Hotelzimmer, um noch eine Tafel Schokolade zu essen... Guten Appetit !
Nagoya, 25. – 29. Juli
Der Wettergott wurde vermutlich aus der Schweiz eingeflogen, denn es ist düster und es regnet. Trotzdem gibt es eine eisenbähnlerische Köstlichkeit, denn ich fahre (oder fliege) mit den Shinkansen, dem schnellsten Zug, nach Nagoya. Also die Beschleunigung ist der Hammer und alles ist ruhig und leise. Besser als fliegen ! So lande ich nach kurzer Zeit und grosser Distanz in Nagoya.
Hat es in Tokyo einige Viertel, die durchaus lebhaft sind und einen gewissen eigenen Charme besitzen, so fehlt das in Nagoya vollständig. Die einzige Sehenswürdigkeit der Stadt, ein Schloss, ist wiederum eine Rekonstruktion und der Rest ist in meinen Augen nur eine effiziente Aneinanderhäufung von Schuhschachteln aus Stahlbeton mit Löchern drin, die sich Fenster und Türen nennen. Nirgends sitzen Leute draussen (es ist immerhin Sommer und um 30 Grad), nirgends pfeift ein Vogel, nirgend schreit ein Kind. nirgends bimmelt eine Glocke, nirgends hupt ein Auto.
Es kommt mir vor wie eine Ausgeburt einer funktionalen Urbanwüste, in denen Lebewesen, Menschen genannt, unsichtbar an Schnüren gezogen, einsam ihre Bahnen drehen, ohne Regungen, ohne Gefühle. Urbanwüsten, die sehr stark an den Film Demolition Man erinnern, in denen kein Vogel pfeift, kein Kind schreit, kein Mensch rennt oder laut lacht, alles geht wie nach einem gut durchdachten Programm, das auf Effizienz optimiert ist und ein Ausscheren nicht erwünscht ist, selbst wenn man den ganzen Mut aufbringt, einmal ein Rotlicht zu überschreiten um auf die andere Strassenseite zu gelangen, die nicht mal 5 Meter entfernt ist und kein Auto weit und breit zu sehen ist. Selbst die Häuser, kleinere und grössere, sind entlang den Strassen aufgereiht wie zum Spalier, ohne Schnörkel und ohne unnötigen Verzierungen, einfache anonyme Schachteln, in denen tausende von an Schnüren gezogene Menschen herein- und rausmarschieren, alle im Gleichtakt, gleich angezogen, gleiche Kleider und gleiche Farben, wie die Häuser, mit dem gleich leeren Gesichtsausdruck und den gleichen leeren Augen.
Immerhin muss ich sagen, dass der Umgang mit den Japanern immer nett ist, auch wenn der erste Schritt immer bei mir liegt und es als Ganzes natürlich ausserordentlich beiindruckend ist, auf was für einem hohen Niveau sie leben.
Kanazawa, 29. Juli – 2. August
Der Wettergott aus der Schweiz nimmt weiter Einfluss und so regnet es am Tag der Weiterrreise mit dem Zug nach Kanazawa an die Nordküste Japans so richtig den ganzen Tag. Captain Future sei für einmal dank, denn dank riesigen unterirdischen Gängen, in denen ziemlich verloren einige Menschen vorbeihuschen, finde ich mein Hotel trockenen Fusses. Der nette Receptionist aus Österreich lässt es sich nicht nehmen, mich mit einem Zimmer Upgrade zu versehen, und so schau ich dem Regen halt aus einem netten Eckzimmer auf dem executive floor im 27. Stock zu.
Der Grund, hierhin zu reisen, ist einer der drei schönsten Gärten in Japan, der sich Kenroku-en nennt. Also mach ich mich gleich am nächsten Tag in feuchtheissem Klima auf den Weg zu diesem Garten. Zugegeben, der Garten ist schön und die Vielfalt der Bäume beeindruckend. Doch irgendwie kommt mir das manchmal so vor, was ich auch schon in der Schweiz in der freien Natur gesehen habe... Trotzdem, als künstlich angelegter Garten sehr schön gemacht !
Besonders beeindrucken mich hier aber die teils noch originalen Strassenzüge der Geisha und Samurai Viertel. Das ist wirklich sehr schön erhalten und gottlob auch fernab der grossen Touristenströme...So kann man noch besichtigen, wo die berühmteste Geisha von Kanazawa wohnte und so erlebe ich für einmal einen interessanten Einblick in das historische Japan des 19. Jahrhunderts !
Kyoto, 2. – 7. August
Noch immer habe ich den spannenden Roman “Die Geisha” von Arthur Golden vor Augen, das vom Leben einer Geisha in Kyoto berichtet (obwohl die Geishas in Kyoto eigentlich Maiko heissen), als ich mit dem Zug in diese Stadt einfahre. Kyoto Station hat nun gar nichts von diesem Flair, es ist eine unendlich riesige Bahnstation, wo ich wie immer zügig meine U-Bahnlinie finde und im Nu mein Hotel in der Innenstadt erreiche, natürlich direkt von der U-Bahn Station aus.
Die nächsten 4 Tage sind vollbelegt mit dem Besuch von Schreinen, Tempeln, Burgen und Pagoden. Da diese wirklich rund um die Stadt verteilt sind, heisst das, mich hauptsächlich zu Fuss auf die Suche zu machen. Finde tue ich leider nicht solch ein atmosphärisch schönes Geishaquartier wie in Kanazawa (das heutige Gion ist hauptsächlich ein ordinäres Nuttenviertel für gutbetuchte Japaner), dafür finde ich unzählige World Heritage Sites, die alle mit schön restaurierten Gebäuden aufwarten, je nach Bekanntheit auch dementsprechend mit der gleichen Anzahl Reisegruppen, jedoch meist auch schön in die Landschaft eingebettet oder mit entsprechenden Parks umgeben. Was mir jedoch fehlt sind die kunsthandwerklichen Fähigkeiten, die mich in Indien oder Kambodscha so beeindruckt haben. Die alten Holzhäuser sind vielfach niedergebrannt und die Ausstattung vieler Räume ist...nichts....lediglich eine Matte, wo man sich draufgesetzt hat und nichts sonst.
So sind meine Tage vollgefüllt mit dem Besuch der unzähligen Sehenswürdigkeiten und die Abende mit dem Besuch einiger der wirklich tausenden von meist sehr netten japanischen Restaurants, die ich mir noch leisten kann. Ich meine, würdet ihr für 125 g Rindfleisch 80 Franken bezahlen (haha wenn ich schon gewusst hätte dass das im Vergleich zu Kobe ein Schnäppchen ist) ? Danach ist noch Shopping angesagt, angefangen vom primitiven Mangaladen bis zum Nishiki Markt für Feinschmecker. So lasse ich es mir dann auch nicht nehmen, einen handbemalten japanischen Fächer zu kaufen...
Mystisches Japan
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