04 August 2016

77. Jakobsweg 1


Eigentlich wollte ich schon 2015 eine Wiederholung meines Jakobsweges von 2009 machen (siehe hierzu den separaten Blog http://markus-jakobsweg.blogspot.com), doch hat mir ein Achillessehnenproblem damals einen Strich durch die Planung gemacht. So reise ich halt dieses Jahr Ende April fit und guten Mutes wieder in die Schweiz und beginne am 30. April mit meinem ersten Tag auf meinem zweiten Jakobsweg im Kloster Einsiedeln.

Dieser Blog zum Jakobsweg wird um einiges kleiner werden als derjenige aus dem 2009, habe ich doch auch diesmal kein Tagebuch geführt und ich schreibe diesen Blog nach Beendigung meines Weges.

Irgendwie ist trotz guter Planung und noch besserer Ausrüstung als beim ersten Mal vom ersten Tag an irgendwie der Wurm drin: das liebe Wetter will von Anfang an nicht richtig und so giesst es während der ersten 14 Tage ganze 6 mal in der Nacht. Während des Tages geht es eigentlich ganz ordentlich, jedoch so richtige Stimmung will bei bedecktem Himmel und beim Lesen der Wolken, wann wohl der nächste Regen fallen könnte, halt einfach nicht aufkommen. Das Mittagessen findet auch fast nie draussen statt, stattdessen bin ich häufig froh, das Ziel trockenen Fusses zu erreichen, sprich: einigermassen geschickt um die vielen Pfützen und Seelein zu navigieren. So sind denn im Vergleich mit meinem ersten Jakobsweg viele Tage trotz ähnlichem Pensum härter als beim ersten Mal, häufig bin ich froh, dass die letzte Wanderstunde den Arbeitstag als Pilger beendet. Leider wird auch das Wetter in Frankreich nicht besser, im Gegenteil, das Schlimmste kommt genau auf der ausgesetztesten Strecke, der sogenannten Aubrac Hochebene, wo ich während 10 Kilometern vollkommen dem Wind und dem Wetter ausgesetzt die Regengüsse als konstante Breitseite abkriege und die tollen Gore Tex Schuhe in den tiefen, von den Kühen ausgelatschten Wegen, sich vollkommen mit Wasser füllen. Natürlich tröstet das einem auch nicht, dass in der Region Paris zur gleichen Zeit die schlimmsten Regengüsse seit Jahrzehnten stattfinden. So weiche ich denn dem Wanderweg so gut aus wie ich kann, denn der ist in dieser Zeit ein matschiges Etwas und bei Steilheit ergiessen sich noch diverse Bäche darin und so laufe ich halt auf der Strasse. Bei der mühsamsten Etappe ohne Ausweichmöglichkeit nehme ich sogar für einen Tag den Bus, bevor ich an meinem Etappenort direkt beim Aussteigen vom nächsten Regenguss empfangen werde. Immerhin wird das Wetter danach etwas besser aber selbst die Pyrenäen kriege ich dieses Mal erst etwa 3 Tage später als beim letzten Mal zu sehen.

Zusätzlich dünkt es mich, dass ab Le Puy en Velay, meinem ersten Ruhetag, im Vergleich zum letzten Mal die Strecke um einiges touristischer geworden ist, es scheint in Frankreich richtiggehend cool und lifestyle geworden zu sein, nach der Pension einige Etappen unter der Schirmherrschaft des heiligen Jakobs zu wandern, selbst wenn man noch nie im Leben zu Fuss unterwegs war, und es dementsprechend auch ausgesehen hat. Jedoch trägt man natürlich Stöcke und einen kleinen Rucksack, das ist so richtig chic, denn der Koffer mit all dem unnötigen Zeugs wird ja elegant zum nächsten Etappenort gefahren. So komme ich mir fast schon etwas deplaziert vor, aber nach 6 Tagen ist der Spuk beendet und der Rest bis an die spanische Grenze geht dann um einiges geruhsamer und so lerne ich hier auch des öfteren diese Fernwander Freaks kennen, und so gibt es auch den einen oder anderen tollen Abend ohne diese steifen Franzosen, die wegen all diesen vielen gesellschaftlichen Benimmregeln schon fast verlernt haben, wie man sich normal verhält.

Aber ich möchte natürlich noch klarstellen, dass alles auch nicht so düster war wie ich das eben geschildert habe und das sieht man ja hoffentlich auch an den Bildern. An das wolkige und kalte Wetter kann man sich auch gewöhnen, und die Lauferei durch eine vielfach absolut stille Landschaft, wo das Pfeifen der Vögel die wirklich einzigen Geräusche unter dem Firmament sind, war häufig toll und so war ich auch oft beeindruckt ab der tollen Landschaft mit den intensiven Farben. Gottlob bleiben diese Eindrücke auch eher haften als die im obigen Absatz geschilderten Umstände.  Auch dieses Mal hat sich nach etwa 2 Wochen dieses Fernwandergefühl eingestellt, diese ganz spezielle Erfahrung, mit einem kleinen Rucksack über eine längere Zeit unterwegs zu sein und sich ausser um den Weg, das Essen und Schlafen um nichts anderes zu kümmern und am anderen Morgen wiederum alles hinter sich zu lassen und einfach weiter durch die Landschaft zu wandern und Hügelzug um Hügelzug (will heissen erarbeitet durch viele Höhenmeter) hinter sich zu lassen. Es ist dies eine ganz spezielle Erfahrung, die die meisten Fernwanderer machen und schätzen, fernab des wie auch immer gearteten Alltags. Die Gedanken sind ebenfalls frei und so war ich während des Tages viel in Gedanken und Gespräche mit mir selbst vertieft. Kurz gefasst ist ein Fernwanderweg eine sehr gute physische und mentale Entschlackungsübung.... so habe ich doch am Ende meines Weges meine 10 Kilogramm so quasi en passant verloren (mal schauen wie schnell ich die nachher wieder auf den Rippen und Hüften habe).



Die Mythen am ersten Wandertag

mit dem Schiff über den Vierwaldstättersee

im ersten Regen....





Abstieg vom Brünigpass nach Brienz

am Brienzersee

Thunersee mit Niesen


tolles Panorama zurück auf die Berner Berge

im Rapsfeld....

die grüne Grenze hinter Genf nach Frankreich


Pause an der Rhone...


ein neuer Tag beginnt....


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