10 March 2012

44. SO-Asien 1: Vietnam


Saigon, 16.-20. Dezember
Wie wird man am einfachsten Millionär ? Neben Peso Millionär bin ich nun seit heute auch noch mehrfacher Dong Millionär, denn bei der Einreise nach Vietnam bekam ich für 100 USD tatsächlich mehr als 2 Millionen Dong (das ist die Währung hier). So sitze ich auf meinen Millionen und bezahle alleine für die Taxifahrt schlappe 130'000 Dong. Das schlägt nun wirklich fast alles, was ich schon erlebt habe.

Die Stadt ist dann nach einem kurzen Rundgang auch ganz so, wie ich das seit meinem letzten Besuch anno 1994 befürchtet habe: Von der damals so geschätzten asiatischen Romantik ist nicht mehr viel übriggeblieben und stattdessen präsentiert sich mir eine moderne und geschäftige Stadt, die auch irgendwo sonst in Asien (ausser in den Philippinen) sein könnte. Vielleicht ist auch der Exotik Faktor nicht mehr ganz so ausgeprägt, denn nach über 4 Jahren in den Philippinen ist wahrscheinlich mein eigener Exotik Faktor grösser wenn ich dann im nächsten Jahr wieder in die Schweiz reisen werde. So bin ich denn nach einiger Zeit Spaziergang zum einen von der Hitze klatschnass und zum anderen auch etwas ernüchtert. Das erledigt sich aber spätestens beim Essen, denn was hier alles frisch auf den Teller gezaubert wird (hauptsächlich in Strassenrestaurants auf Stühlen, die im Schnitt die Sitzfläche 20 cm ab Boden haben, was für mich mit 190 cm jeweils einige Mühe beim Hinsitzen und Aufstehen bedeutet) ist schlicht der absolute Hammer. So vergnüge ich mich mit frischem Seafood, der obligaten vietnamesischen Nudelsuppe und anderen Köstlichkeiten, die immer frisch serviert werden.

Mekong Delta, 21. – 23. Dezember
Nach einigen Tagen in dieser für mich sich ökonomisch so toll entwickelten Stadt buche ich dieselbe 3 tägige Mekong Tour wie damals auch schon. Das hat den Vorteil, dass man ohne weitere Organisation einiges von dieser südlichsten Ecke von Vietnam sieht, hat aber auch den Nachteil, dass....es halt einfach nicht mehr so ist wie früher. Alles was man besichtigt ist nur für Touristen gemacht, die nicht viel lernen, aber ihre Souvenirsammlung beträchtlich erweitern wollen. Die Infrastruktur hat sich jedoch markant verbessert, so sind die Strassen in einem wesentlich besseren Zustand und die romantischen Fähren, mit denen man damals zeitraubend den Mekong querte sind modernen Brücken gewichen. Nach meinen langen Jahren in Asien habe ich meine Mitreisenden auf dieser Tour zum Teil etwas befremdlich angeschaut, denn bei uns gibt es einfach diese weiblichen Fleischberge nicht, die ihre überflüssigen Pfunde charmant alle mit den gleichen Tattoos zugekleckert haben und sich halbnackt durch konservative Dörfer chauffieren lassen.

Dalat, 23. – 26. Dezember
Da ich nicht allen anderen der Küste nach in den Norden folgen will und da ich das das letzte Mal schon gemacht habe, entschliesse ich mich, im Landesinneren soweit möglich nach Norden zu reisen und so lande ich zuerst in Dalat, wohin sich die europäischen Herrschaften früher hinbewegt haben, um der Hitze von Saigon zu entfliehen. Die Hitze in Saigon ist zwar nicht ganz so gewaltig, dafür die Frische in Dalat, die ich mir nun wirklich nicht mehr gewohnt bin. Ganz herrschaftlich treibe ich es dieses Mal mit meinem Hotel, denn erstmals in meiner ganzen Globetrotter Karriere lasse ich es mir nicht nehmen, mich für erstaunlich wenig Geld in einem veritablen 4 Stern Hotel einzuquartieren. Das Zimmer ist dann auch so gross, dass es beim Singen in der Dusche fast ein Echo gibt. Ah ja à propos Dusche: Das ist eigentlich keine richtige Dusche sondern ein richtiger wohltemperierter Regenschauer, der von überall in angenehmer Temperatur leise auf mich runterrieselt.

Buon Ma Thuot, 26. – 29. Dezember
Nach dieser Herrlichkeit geht es im Bus weiter nach Buon Ma Thuot, das schon ziemlich nahe an der laotischen Grenze liegt und wo ich mit anderen Reisenden zusammen einen Nationalpark besuche. Ein Park, den man rühmt, in dem es besonders viele Tiere geben soll. Wieso dass dann ausgerechnet wir ausser einem Pirol und einem Kingfisher Vogel keine anderen Lebewesen sehen, bleibt wohl das Geheimnis derjenigen Leute, die hier offensichtlich Tiere auch ausserhalb des Tellers gesehen haben. So vergnüge ich mich halt im Teller mit wilden Ebern, Schnecken und Fröschen.... Ah ja und das Hotel hat es mir dieses Mal nicht so angetan, denn es ist genau der Typus, der von der vietnamesischen Parteielite bevorzugt für Feste benutzt wird. So donnert denn die Disco bis morgens um 1 durch alle Zimmer mit einem unterhaltsamen Bum Bum Bum und die leichten Mädchen geizen schon am frühen Nachmittag nicht mit ihren käseweissen Reizen und ihrem aufgesetzten Lächeln....

Kon Thum, 29. – 31. Dezember
Weiter nördlich geht meine Reise nach Kon Thum. Wieder steige ich hier in einem Parteihotel ab (es war einfach das erste Hotel bei der Busstation) und bezahle für ein überaus annehmbares und ruhiges Zimmer schlichte 4 Dollar 50 pro Nacht. Nicht schlecht oder ?? Auch dieser Ort ist alles andere als von der ökonomischen Entwicklung vergessen worden, das Tempo ist einfach nicht so rasend schnell wie in Saigon, aber immer noch Meilen aktiver als in meinem Gastland. Für mich sind die Vietnamesen in einigen Sachen doch ziemlich vergleichbar mit den Chinesen, einfach mit der netten Zugabe, dass sie auch sehr offen und freundlich zu Ausländern sind. Es scheint, dass die 1000 jährige chinesische Besetzung ihre Spuren hinterlassen hat. Diese Ansicht wird dann aber etwas umgebogen, als der so nett lächelnde Vietnamese bei der Busstation schlicht mehr als 100 % mehr fürs Busticket nach Danang verlangt. Das schlimme dabei ist, dass ich das auch noch zahle, denn leider gibt es ausser dem teuren Taxi keine Alternative zur 6 stündigen Fahrt nach Danang. So sitze ich wie schon zuvor auf dem für meine Körpergrösse einzig akzeptablen Sitz in diesem Minibus und fahre Danang zu, bis sich auf einmal der Himmel verdüstert und es lausig nieselt bis regnet. Bis jetzt hatte ich wie eigentlich immer auf Reisen blauen Himmel, doch wenn ich hier schon gewusst hätte, dass ich erst am 15. Januar wieder die Sonne sehen und ab 25. Januar meinen dicken Pullover wieder versorgen sollte dann wäre ich wahrscheinlich wieder nach Saigon zurückgekehrt.

Danang, 31. Dezember - 4. Januar
Auch bei der Ankunft in Danang immer noch dasselbe: Ekliger Nieselregen, gerade zuwenig, um den Schirm aufzumachen aber zuviel, um trocken zu bleiben. Dazu ist es auch kalt und der Pullover wird nun zu meinem treuen Begleiter. Wenigstens kann das Hotel in der Duong Hung Vuong punkten, das ich wie schon oft bei www.agoda.com vorgebucht habe. Das ganze Interieur ist im Stile Louis XIV gehalten und kommt noch haarscharf am Kitsch vorbei. Das Zimmer ist aber sehr wohnlich und wird dank dem Scheiss Nieselregen neben den paar netten Restaurants fast zu meiner Wohnung hier in Danang, Ah ja und Sylvester war es ja am ersten Abend auch noch, aber wie so oft in diesen Ländern merkt man nichts davon, sofern man nicht mit anderen Touristen zusammen ist und die sind hier rar und hausen entweder im nahen Hoi An oder Hue. So ist dann auch am Tag meiner Abreise das Wetter schlecht und gemäss meinem treuen und wertvollen Begleiter, einem kleinen 10.1’ Laptop, soll das in Hanoi sogar noch schlimmer werden. Oh je...

Hanoi, 5. – 10. Januar
So fahre ich im Sauwetter mit schlimmen Vorahnungen im Schlafwagen Richtung Hanoi. Das einzige, was mich dann tröstet ist nur noch der einigermassen nette Komfort (ich schreibe diesen Bericht im Zug) und die Hoffnung, dass es spätestens in Laos wieder besser und wärmer werden soll. Aber bis dahin dauerts ja leider noch...
So komme ich denn noch im Dunkeln in Hanoi an und ausser dem Trost, dass es nicht regnet, gibt es sonst nichts mehr, das mich aufheitert. So wickle ich mich bei knapp 10 Grad in alle meine verfügbaren warmen Kleider und stapfe durch die Nacht zu meinem Hotel. Als es dann langsam Tag wird bestätigen sich meine Befürchtungen noch schlimmer als in Saigon: Von der mir damals so exotisch und verschlafen erscheinenden Stadt, die bis heute die für mich am asiatischten von allen anderen ist mit extrem wenigen Autos ist nach 18 Jahren leider fast gar nichts mehr übrig geblieben. Statt dessen begegnet mir ein hektischer Verkehr, der es mit jeder Millionenstadt in Asien aufnehmen kann. Mich dünkt es, dass es sogar noch mehr Autos als in Saigon gibt. Viel Zeit, um die Romantik von damals zu suchen, bleibt eh nicht, denn ich habe mir wohl die kältesten Tage im ganzen Jahr ausgesucht und so friere ich erstmals auf den Strassen, bis ich einen Laden finde, der einen Pullover in einigermassen meiner Grösse hat und so wird mit einigem Ziehen und Reissen aus einem vietnamesischen XL ein europäisches XL gemacht. Besser als nichts ! Nun mit 2 Pullovern, Schal und Halstuch ausgerüstet, erkundige ich die Stadt. Die Esserei für mich tropischen Asiaten gestaltet sich übrigens sehr schwierig, denn selbst in den wenigen Restaurants, die mit Türen zu schliessen sind, ist die Bedienung in dicke Jacken und Schals eingemummt und verbreitet nicht gerade eine heimelige Atmosphäre. Immerhin sind das die wenigen Orte, wo ich mich jeweils etwas aufwärmen kann.
So verlasse ich nach 5 Tagen zum einen wehmütig nach alten Zeiten mich erinnernd und zum anderen beeindruckt, was die Vietnamesen in dieser Zeit alles zustande gebracht haben wieder Hanoi in Richtung laotischer Grenze. Meine ursprünglichen Pläne, eine Tour in die Halong Bay und die Fahrt via der Bergstation Sapa lasse ich in meiner halbwarmen Tasche schmoren und nehme den direkten Weg mit dem Bus via Son La nach Dien Bien Phu.

Son La, 10. – 12. Januar
Was für ein Bus für eine Tagestour: mir wird als bequemere Variante zu diesen öden Minibus ein veritabler Schlafwagenbus angeboten. Wer kann da schon widerstehen, auch wenn es erst 8 am Morgen ist ? Schon im Bus spüre ich den langsamen kulturellen Wechsel nach Laos: die Leute werden weniger hektisch und betriebsam und die kulinarischen Angebote werden schmaler. Das Restaurant, wo wir zum Lunch stoppen ist dann auch nicht mehr als eine ausrangierte Lagerhalle. Charmant.... Als ich dann in Son La eintreffe, das so etwa auf halbem Weg zwischen Hanoi und Dien Bien Phu liegt, meine ich wirklich schon in Laos zu sein. Wiederum hat mein Reiseführer voll daneben gelegen, denn ein sogenanntes edles Hotel entpuppt sich als heruntergekommene Absteige und so finde ich aber bald eine bessere Bleibe hier, wo man die Klimaanlage auch als Heizung benutzen kann und glaubt mir, es rettet Leben (meines wenigstens) !! So muss ich denn auch eines meiner Nachtessen ungeplant im Zimmer einnehmen, weil das Restaurant wirklich viel zu kalt ist, um nur 5 Minuten zu verbringen, geschweige denn darin zu essen !!

Dien Bien Phu, 12. – 14. Januar
Eine weitere Busfahrt bringt mich in diesen so geschichtsträchtigen Ort names Dien Bien Phu, wo wahrscheinlich noch heute jeder Franzose nur bei Nennung des Namens schon zusammenzuckt: Dien Bien Phu ... Die Fahrt dorthin ist dann sehr speziell, denn auf den letzten 65 Kilometern begegnet mir als menschliche Ansammlung höchstens mal ein Dorf, bis dann quasi aus dem Nichts eine Prachtstrasse auftaucht und dann auch die Stadt selbst. Das Ganze erscheint mir fast ein bisschen surreal, denn was um Himmels Willen hatten denn die Franzosen an so einem gottverlassenen Ort zu suchen ??? Offensichtlich waren das strategische Gründe, so lerne ich das wenigstens hier und besichtige die rekonstruierten Bunker der Kommandanten, die Selbstmord gemacht haben und die noch verbliebenen Artilleriestellungen. Ich lerne dann auch, dass bereits hier die Vietnamesen vor allem logistische Meisterleistungen vollbracht haben, die einem westlichen Hirn so einfach nicht zugänglich sind was dann auch wenig später die Amerikaner lernen sollten (Stichworte Ho Chi Minh Trail und Cu Chi Tunnels). Aber eben, was lernen die Amerikaner schon von anderen Kulturen...




1: in Saigon
2 - 6 : Mekong Delta
7 - 8: Dalat
9 - 12: Buon Ma Thout und Kon Thum
13 - 18: Hanoi
19 - 22: zur laotischen Grenze












1 comment:

Anonymous said...

Hi Markus, wie immer ein toller, informativer und amüsanter Bericht, klasse! Spannend finde ich Deine Bemerkung dass Du wohl nach Thailand übersiedeln wirst... Mich interessieren Deine Beweggründe, wie kann man Dich per Mail erreichen? Viele Grüsse aus Pfäffikon/SZ, Peter