Khajuraho, 5. - 8. März
Heute lasse ich mir wieder mal in einer dieser euch schon wohlbekannten alten Klapperkisten 5 Stunden lang den aufgewirbelten Sand und Staub durch den Mund zergehen, bevor ich beim wohl letzten Höhepunkt meiner Reise ankomme, in dem für seine Tempel mit Kamasutra Darstellungen bekannten Khajuraho. Selbst die Buchung meiner vorletzten Bahnfahrt nach Varanasi geht fix, obwohl ich nun nur 3 volle Tage hier verbringen kann, aber der Ort ist ja nicht gross. Dafür der Ärger wegen all diesen Indern, die einem ständig wegen Geld und anderem Scheiss anquatschen leider ziemlich gross, so gross, wie ich es sonst noch gar nie in Indien erlebt habe. Wo auch all diese Tourgruppen herkommen und diese Leute verderben weiss ich leider auch nicht. Kompensiert wird aber dieses Ärgernis immerhin durch wirklich herausragende weltweit einmalige bildhauerische Arbeiten an all diesen Tempeln, datierend aus dem 10. - 11. Jh. Herausragend für die damalige Zeit ist auch der Grad der Freizügigkeit der sexuellen Darstellungen. Ob das wohl aus dem damaligen Leben gegriffen oder purer Männerphantasie entsprungen ist ? Bei den ausserordentlich expliziten erotischen Darstellungen frage ich mich nur, was eigentlich mit den Inderinnen in 1000 Jahren passiert ist, dass die nun so oberprüd sind. Für einmal jedenfalls ist der Katholizismus nicht schuld an dieser Misere. Belustigend ist nur zu sehen, dass die damals schon ein ansehnliches Bäuchlein herumgeschleppt haben.... Haben die Männer deswegen auch all die Pferde beigezogen, so wie es auf den Darstellungen zu sehen ist ???
Varanasi, 9. - 13. März
Dank diesem grossen Ärger wegen all der bettelnden Kinder und aggresiven Shopverkäufer bin ich froh, diesen Ort sogar einen Tag früher als geplant verlassen zu können und so mache ich mich im Nachtzug auf Richtung Varanasi. Meine ursprüngliche Destination Allahabad habe ich aufgegeben, weil ich mich nicht nochmals ins urige indische Getümmel und ohne für mich anständiges Essen zu machen. Allahabad ist ja auch der Ort, wo sich alle 12 Jahre die Wenigkeit von 70 Millionen Indern treffen, um am Zusammenfluss von Ganges und Yamuna ihre Khumb Mela zu feiern. So lande ich nach 2008 halt wieder als letzter Destination meiner jetzigen Reise vor Kalkutta in dieser ganz speziellen spirituellen Stadt, in der ich nach einer gemütlichen Nachtfahrt im Zug nach genau 12 Stunden und 20 Minuten eintreffe - für eine Strecke von 453 km ! Das ergibt nach Adam Riese eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 36.7 km pro Stunde ! Wow !!!
Die letzten Tage meiner Reise verbringe ich sehr relaxed und lasse mich von dieser einzigartigen spirituellen Stimmung hier in Varanasi verführen. Meine Unterkunft ist echter Luxus und hat sogar einen eigenen Balkon mit Sicht direkt auf den Ganges. Ich lerne auf einem geführten Rundgang durch die Altstadt auch mehr über den Hinduismus, über die Geschichte der Stadt, die Bedeutung einzelner Tempel oder wieso dass der verschissene Hintern oder der Schwanz von Kühen so gerne berührt werden. Dies hat offensichtlich damit zu tun, dass einige der Millionen von Göttern im Hinduismus im Hinterteil der Kühe leben.... Na ja dann.... Auf jeden Fall leben hier in Varanasi im Diesseits eine Million Menschen in den engen Gassen der Altstadt im wahrsten Sinne in einem grossen Kuhstall, Ziegenstall oder Hundezwinger. Was all diese Viecher auf jeden Fall für Hinterlassenschaften kreieren zusammen mit dem ganzen menschlichen Unrat ist für mich Grund genug, Varanasi in die Top 3 der schmutzigsten Städte weltweit zu küren.
Kalkutta, 14. - 15. März
So freue ich mich am Ende auch sehr auf den reisetechnischen Höhepunkt meiner Reise, denn es geht per 1. Klasse Schlafwagen von Varanasi wieder nach Kalkutta zurück, dem Ausgangspunkt meiner langen Reise. Der Bahnhof in Varanasi hat zum Abschluss auch noch Geschenke für mich, so scheissen hier auch noch die unzähligen Tauben von oben, die Mäuse rennen in den Büros rum, die Kühe auf dem Perron und die Ratten auf den Gleisen. Zusätzlich haut es wieder voll rein so quasi als krönender Abschluss meiner Reise mit einer Ankunftsverspätung des Zuges von sage und schreibe 4 Stunden ! Bei der Ankunft nach 10 Stunden Fahrt sind es sogar 5 Stunden und 10 Minuten !
Den einen, sehr heissen, Tag in Kalkutta, der entgegen meiner Planung durch die Bahnfahrt stark geschrumpft ist, verbringe ich mit Shoppen, gut Essen (wieder mal !) und Abschiednehmen und ich freue mich auf Kuala Lumpur, das ich mir ausgesucht habe, um mich wieder vom ganzen Dreck, Müll und Gestank meiner 3 Monate in Indien zu erholen und mich so in einigen Lebensbereichen quasi wieder halbwegs zu resozialisieren.
Kuala Lumpur, 15. - 19. März
Diesmal fällt es mir eigentlich relativ einfach, Abschied zu nehmen von meinem Reiseland. Wenn Du meinen Bericht gelesen hast fällt es Dir sicher nicht schwer, genügend gute Gründe zu finden. Doch selbst der Abschied gestaltet sich zäh: das Taxi muss sich durch einen unglaublichen Verkehrssalat quälen, bis wir nach über 1.5 Stunden dann endlich den Flughafen erreichen, einen übrigens, der als internationaler Flughafen in Asien zur absoluten Schlussgruppe gehört ! So bin ich nach einem wenigstündigen Flug auch schon bald in Kuala Lumpur und beziehe mein Hotel, das ich mir schon vor der Abreise nach Indien im Internet gebucht habe und bin begeistert, wie schön und sauber das alles ist und wie gut alles funktioniert. Erste Welt halt.... Welcome back !
Wie schön ist das doch, auch in der Strasse zu essen und zu sehen, wie frisch und gesund alles zubereitet und wie sauber dass gearbeitet wird. So fresse ich mich wieder mal nach Lust und Laune durch chinesische, japanische und koreanische Restaurants und bin nach 4 Tagen schon etwas enttäuscht, wieder den Flieger zu nehmen und in eine andersgeartete kulinarische Wüste hier in Asien zu fliegen und meinen Urlaub endgültig zu beenden und mich wieder weltlicheren Dingen wie meiner Zügelei innerhalb der Philippinen zu widmen.
Und dann noch dies:
Indische Frauen
Ist mir das während den ersten beiden Aufenthalten in Indien noch nicht so aufgefallen, finde ich es nun besonders krass, wieviele der über 30 jährigen Frauen übergewichtig sind ! Es ist absolut krass, wenn man sich vorstellt, wieviel Körpermasse ohne Sari noch übrigbleibt ! Ich schreibe das der sehr nahrhaften, fettigen und einseitigen indischen Ernährung, den zu grossen Portionen sowie der mangelnden Bewegung zu (Cricket hilft ja der Bewegung auch nicht übermässig....). So schaukeln denn die Frauen in ihren farbigen Saris daher und erinnern mich vom Laufstil her an eine Mischung aus Königspinguin und Wüstenkamel ! Wenn es ans Treppensteigen geht bilden sich sofort lange Schlangen, denn viele dieser Wüstenschiffe haben Mühe, selbst wenige Stufen ohne fremde Hilfe zu bewältigen.....
Übrigens finde ich das Essen, wie ihr sicher schon bemerkt habt, wirklich nicht der Hammer: die Hauptspeise ist vielfach in einer heftigen Sauce, viele weitere Speisen werden im Öl frittiert. Dazu kommt noch, dass von all diesen Köstlichkeiten Unmengen verzehrt werden. Immerhin ist das Gewichtsproblem (ähnlich wie in Mexico) hausgemacht und nicht wie bespielsweise in den Philippinen und vielen westlichen Ländern zurückzuführen auf den importierten Fast Food aus den USA.
Fazit Indien
Man sagt, dass man Indien entweder nur einmal besucht und dann nie wieder oder eben immer wieder. Das zweite habe ich bei mir auch gedacht, doch nachdem ich nun gesamthaft 6 Monate meines Lebens in Indien verbracht habe denke ich, dass ich nicht mehr so schnell zurückkehren werde (ausser vielleicht für die Himalaya Region zusammen mit Nepal und Tibet), denn ich habe von diesen vielen indischen Eigenheiten echt die Nase voll. Interessanterweise geht es auch anderen Kollegen von mir genau so. Was sind denn eigentlich diese indischen Eigenheiten für mich:
- es ist überall meist ein unglaublicher Schmutz und Dreck, um den sich niemand kümmert und auch allen egal ist
- ein schrecklicher Lärm in allen Städten und ein penetrantes Hupkonzert, das kein Ende kennt
- das typisch indische Chaos und Horden von Menschen, die einem immer und überall begegnen
- das Fehlen und Respektieren jeglicher Art von Privatsphäre
- durch diese penetrante langanhaltende Schärfe in wirklich allen Speisen ein für mich ständig sehr schwieriges Unterfangen, Spass am Essen zu haben oder ausserhalb der Touristenzentren überhaupt genügend zu essen (selbst wenn man absolut nicht scharf bestellt sind die Speisen meist noch scharf, so auch Sandwiches, Tomatensauce, ein süss-saures Huhn, Pizza, Essig etc. schlicht alles !)
- der typisch indische Geruchscocktail bestehend aus Männerschweiss, Kuhscheisse und Pisse, getoppt mit dem beissenden Geruch von Verbranntem (Menschen und anderer Unrat) der einem immer und überall verfolgt
- diese typisch indischen Lebensgewohnheiten, die es einem schwierig machen, Ausspannung und Musse zu finden, so auch im Hotel, an einem Strand oder in einem Park
- Kühe und Männer, die sich nicht darum scheren, an jeden Ort zu pissen und zu scheissen - jederzeit
- eine indische Gesellschaft, die geprägt ist durch ein für uns meist sehr unnatürliches Begegnen der Geschlechter
Es mag nun vielleicht fast zynisch oder bünzlig klingen für den einen oder anderen, was ich oben geschrieben habe, aber da kann ich nur sagen, schaut es euch doch selber an und findet den Unterschied zu anderen asiatischen Ländern, die ich überaus schätze und ich mich auch sehr gerne aufhalte, inklusive meinem Gastland, den Philippinen, doch selber raus. Ich schreibe ja nur das, was mich persönlich betrifft und so wie ich es selbst erlebe.
All der oben erwähnten negativen Punkte zum Trotz ist mein Fazit über Indien natürlich nicht komplett, wenn ich nicht auch die überaus positiven Punkte erwähne:
- Baudenkmäler der absoluten Weltklasse wie die aus der buddhistischen Zeit (Ellora und Ajanta Caves, Sanchi), der Mughalzeit (Taj Mahal, Fatepur Sikri, Humajuns Tomb), der Sikhs (goldener Tempel von Amritsar), die Kamasutra Tempel von Khajuraho, die Jaintempel von Mount Abu und Ranakpur oder Städte wie Jaisalmer.
- eine unglaublich vielfältige Natur, die vom Hochgebirge über Wüsten, Dschungel, Savannen und Meeresstränden alles bietet, was es auf der Welt gibt
- im persönlichen Kontakt immer sehr nette und hilfsbereite Menschen, die überaus zuvorkommend, anständig und vielfach gut ausgebildet sind
- eine unglaublich starke eigene Kultur und eigene Identität, die sich trotz aller fremder Einflüsse durchs ganze Land streng hält (so auch das Essen, die Kleider und das Einkaufsverhalten)
So nun hoffe ich doch, dass ich nach dieser ausführlichen Präsentation Euch eine Ahnung habe geben können von diesem riesigen Land mit seiner unglaublich vielfältigen und langen Geschichte, der ganz speziellen Spiritualität sowie den täglichen Auseinandersetzungen, die man so als fremder Tourist in diesem Land hat und ich Euch trotz allen Widrigkeiten dieses Land habe etwas schmackhaft machen können. Kontaktiert mich doch einfach, wenn ihr gern mal nach Indien möchtet, ich helfe Euch sehr gerne !
Mein nächster Blog Eintrag ist noch offen denn im Moment (Anfangs April 2011) weiss ich noch nicht genau, wie ich dieses Jahr gestalten möchte. Da die Zügelei wohl nicht so spannend ist zu erzählen schaut doch einfach wieder rein denn ich bin immer bemüht, diesen Blog so aktuell wie möglich zu halten.



















1-12: Khajuraho
13-19: Varanasi
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